Kinder-MTB Ratgeber #5: Kurbellänge, Q-Faktor & Tretlagerhöhe

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Kinder-MTB-Ratgeber: Kurbellänge und Tretlager an Kinderbikes

Foto: Anna Wenisch

Mountainbikes für Kinder. 5.Teil der Ratgeber-Serie von VPACE zum Thema. Diesmal liegt das Augenmerk auf einer Bauteilkombi, deren Rolle zumindest bei Kinderbikes häufig unterschätzt wird: Kurbel und Pedal. Und erklären, warum auch hier das richtige Maß entscheidend ist.

(Vorherige Artikel der Ratgeber-Serie verpasst?
>> In Teil 1 ging es um Laufradgrößen und Geometrien von Kinder-Mountainbikes
>> Der 2. Teil erklärte, warum niedriges Gewicht bei Kinderbikes besonders wichtig ist 
>> Teil 3 behandelte das Fahrwerk. Starr- oder Fedegabel? Hardtail oder Fully?

>> und in Teil 4 hießen die Themen: Fahrwerk. Bremsen, Schaltung/Antrieb & Dropper-Posts

Wenig beachtet: Kurbellänge, Kurbelbreite und Tretlagerhöhe

Wir haben in Teil 4 unserer Serie darüber sinniert, wie wichtig es ist, dass Kinder-Mountainbikes auch mit kindgerechten Komponenten ausgestattet sind. Kinder sind kleiner und leichter als Erwachsene, haben kürzere Arme und Finger. Klar, die brauchen kleinere Bremshebel, eine Schaltung, die sie nicht überfordert und die sie auch mit wenig Kraft möglichst intuitiv bedienen können. Einen kleineren Sattel, vielleicht sogar mit Dropper-Stütze, einen nicht zu breiten Lenker und so weiter. Richten wir nun einmal unseren Blick nach unten, stellen wir fest: Kinder haben im Verhältnis ja auch kürzere Beine und schmalere Hüften als wir Großen. Und damit sind wir bei den Kurbeln und Pedalen.

Kindgerechte Kurbeln? Zu oft Fehlanzeige

Auch wenn sich hier in den letzten Jahren schon viel verbessert hat: Noch immer finden sich beim Thema Kurbel am Kinderrad noch echte SchnitzerMeist aus Kostengründen verbauen Hersteller Kinderkurbeln gleicher Länge an ganz unterschiedlich großen Rädern – oder verwenden einfach die kleinstmögliche Kurbellänge von Erwachsenenbikes.

Die Kurbellänge definiert den Abstand der Pedale zur Mitte des Tretlagers. Und damit den Radius respektive Durchmesser des sogenannten Tretkreises, den die Füße beim Pedalieren beschreiben. Je länger die Kurbel, desto mehr Zeit braucht etwa das Pedal für eine Kreisumdrehung, die Trittfrequenz sinkt. Kurze Kurbeln hingegen beschreiben einen kleinen Kreis, die Trittfrequenz nimmt bei gleichem Kraftaufwand zu (lassen wir an dieser Stelle Einflussfaktoren wie die Übersetzung an Ritzel und Kettenblatt einmal außer Acht).

Ist die Kurbel zu lang oder zu kurz, ist beim Pedalieren ein ergonomisch korrekter, geschmeidig-runder Bewegungsablauf kaum möglich. Die Folge: Die Kinder stoßen schnell an ihre Leistungsgrenzen – ermüden also rasch. Und wer meint, die Kurbellänge mit der Sattelhöhe ausgleichen zu können, geht meist einen mittelprächtigen Kompromiss ein. Auch bieten zu lange Kurbeln keine ausreichende Bodenfreiheit oder haben ein unvorteilhaft hohes Tretlager. Dazu weiter unten mehr.

Faustregel für Kurbellängen: 10 Prozent der Körpergröße

Für das richtige Maß einer Kurbel gibt es eine Faustregel: Demnach sollte die Kurbellänge etwa 10 Prozent der Körpergröße betragen. In der Regel läuft es auf ein gesundes Mittel hinaus, wie folgendes Beispiel zeigt: Das MAX24 von VPACE ist für Kinder mit einer Körperlänge von 1,15 bis 1,35 Meter gebaut und mit einer 120-Millimeter-Kurbel ausgestattet. Zum Vergleich: Unser MAX26 für Kinder ab 1,30 Meter kommt bereits mit einer Kurbellänge von 135 Millimeter daher, ein bisschen dürfen die Kids ruhig reinwachsen. Insgesamt verbauen wir bei unseren Kinder-Hardtails von MAX20 bis MAX29 in Large sechs verschiedene Kurbellängen. Alle liegen unter der Länge einer Kurbel für Erwachsene, die beginnen in der Regel bei 170 Millimeter.

Kindgerechte Kurbel und richtige Tretlagerhöhe für effizientes Pedalieren bei ausreichender Bodenfreiheit.

Kindgerechte Kurbeln und eine ausgewogene Tretlagerhöhe an seinem MORITZ24 verschaffen Frederik ausreichend Bodenfreiheit || Foto: Anna Wenisch

Q-Faktor: Effizienter treten

Bei Kinderbikes häufig zu wenig beachtet wird auch der sogenannte Q-Faktor. Der Q-Faktor beschreibt die Baubreite der Kurbel, genauer der horizontal gemessene Abstand des Montagepunkts des linken Pedals am Kurbelarm zum Montagepunkt des rechten Pedals am anderen Kurbelarm (auf gleicher Ebene). Der Q-Faktor spielt eine wichtige Rolle, wenn es um die Effizienz der Trittbewegung geht.

Beim Gehen und Laufen setzen die meisten Menschen die Füße annähernd in einer geraden Linie auf. Das heißt, der Abstand zwischen den beiden Füßen, die Trittweite, ist in der Regel gering. Das Maß gibt die Hüfte vor. Idealerweise sollte also der Q-Faktor am Bike in einem biomechanisch sinnvollen Verhältnis zur Trittweite des Fahrers stehen.

Aber so einfach ist es nicht. So hängt der Q-Faktor beispielsweise von der Rahmenform ab, von der Anzahl der Kettenblätter an der Kurbelgarnitur und anderen Parametern. Mountainbikes haben in der Regel einen Q-Faktor zwischen 160 und 200 Millimeter (zum Vergleich: Der Q-Faktor bei Rennrädern liegt zwischen 130 und 160 Millimeter).

Ein kleiner Q-Faktor ist also ergonomischer als ein weiter Pedalabstand. Ein zu großer Q-Faktor, der deutlich länger ist als die Hüfte des Fahrers breit, zwingt seine Beine beim Treten quasi in eine X-Stellung, was zu Knieschmerzen schon bei den Kleinsten führen kann. Für Kinderbikes gilt als Richtschnur ein Q-Faktor von 150 Millimeter.

Kindgerechte Komponente: Die VPACE directmount Kinderkurbel misst einen Q-Faktor von nur 149 Millimeter. Sogenannte Mini-Flatpedals für Kinder begünstigen den Q-Faktor durch nochmal kürzere Achsen als bei herkömmlichen Pedalen zusätzlich. || Fotos: VPACE/Anna Wenisch

Tretlagerabsenkung: Schwerpunkt vs. Bodenfreiheit

Und dann war da noch die Tretlagerabsenkung. Zwar ist auch immer mal wieder die Rede von der Tretlagerhöhe, also dem Abstand der Mittelachse des Tretlagers zum Boden. Da sich der aber ändern kann, etwa wenn dickere Reifen aufgezogen werden, ist die Tretlagerabsenkung das relevantere Maß. Die Tretlagerabsenkung oder auch Bottom-Bracket-Drop (BB-Drop) bezeichnet die Position des Tretlagergehäuses im Rahmen in Relation zu den Achsen der Laufräder. Bei fast allen Fahrradtypen liegt diese Position unterhalb einer gedachten Verbindungslinie zwischen diesen Achsen (Naben). Eine Ausnahme sind Trialbikes, hier sitzt das Tretlager in der Regel leicht über den Laufradachsen.

Kurbellänge, Tretlagerhöhe und Tretlagerabsenkung

Die Tretlagerhöhe bezeichnet den Abstand der Mittelachse des Tretlagers zum Boden, während die Tretlagerabsenkung die Position des Tretlagergehäuses im Rahmen in Relation zu den Achsen der Laufräder bestimmt. || Foto/Grafik: VPACE

Warum ist das jetzt so wichtig? Nun, die Höhe des Tretlagers beeinflusst ganz entscheidend das Fahrverhalten eines Bikes. Ein tiefes Tretlager senkt den Schwerpunkt, stellt den Fahrer besser ins Bike und garantiert ein gutes Kurvenhandling, macht das Bike allerdings auch schwerfälliger, weniger verspielt. Ist das Tretlager zu hoch, wandert der Schwerpunkt nach oben und man sitzt gefühlt auf dem Rad. Dafür geht ein Wheelie beispielsweise mit einem höheren Tretlager etwas leichter von der Hand.

Bodenfreiheit: Luft nach unten

Darüber hinaus bestimmt die Tretlagerabsenkung aber auch die Bodenfreiheit eines Fahrradrahmens; gerade bei Mountainbikes ist reichlich Bodenfreiheit besonders wichtig. Und hier kommt dann wieder die Kurbellänge ins Spiel, hier geht es um den Freigang der Pedale zum Boden. Ist nämlich der BB-Drop zu groß oder die Kurbel zu lang, setzt man im Gelände leicht mit den Pedalen auf oder bleibt gar an Wurzeln hängen. Umgekehrt beschert also eine geringe Tretlagerabsenkung und eine optimale Kurbellänge ausreichend Bodenfreiheit. Bei Fullys muss übrigens zusätzlich auch der Sag – das Einfedern unter dem Fahrergewicht – berücksichtigt werden.

Um die Maße einmal exemplarisch zu veranschaulichen: Unser Kinder-Hardtail MAX20 verfügt über eine Tretlagerabsenkung von 50 Millimeter. Bei einer Kurbellänge von 105 Millimeter, einem Laufradradius von rund 250 Millimeter ergibt sich daraus eine Bodenfreiheit von 95 Millimeter. Da ist also reichlich Luft nach unten auch für kleine Flitzer.

Wir empfehlen also, beim Bike-Kauf auch auf die richtige Kurbellänge zu achten. Sprechen Sie den Händler Ihres Vertrauens im Beratungsgespräch ruhig darauf an. Und auch im Online-Shop beim Versender Ihrer Wahl können Sie im Zweifel danach fragen. Ihr Kind wird es Ihnen danken.    

Kindgerechter Antrieb in Aktion

Valentin hat sichtlich Spaß auf seinem MAX20 – auch wegen der ergonomisch richtigen Kurbellänge gepaart mit einem kleinen Q-Faktor und einer abstimmten Tretlagerabsenkung. || Foto: Anna Wenisch

Das Wichtigste noch einmal in der Übersicht

  1. Die Kurbellänge ist ein oft unterschätzter Faktor bei Kinderbikes.
  2. Manche Hersteller statten ihre Bikes mit gleich langen Kinderkurbeln oder einfach den kleinsten Kurbeln für Erwachse aus.
  3. Die Kurbellänge definiert den Abstand der Pedale zur Mitte des Tretlagers.
  4. Lange Kurbel = niedrige Trittfrequenz = anstrengender, kleine Kurbel = hohe Trittfrequenz = kraftsparender.
  5. Ergonomisches Treten erfordert korrekte Kurbellängen.
  6. Faustregel: Die Kurbellänge sollte etwa 10 Prozent der Körpergröße betragen.
  7. Q-Faktor = Baubreite der Kurbel.
  8. Ein kleiner Q-Faktor ist ergonomischer als ein großer Pedalabstand.
  9. Ein zu großer Q-Faktor zwingt die Beine beim Treten in eine X-Stellung, was zu Knieschmerzen führen kann.
  10. Für Kinderbikes gilt als Richtschnur ein Q-Faktor von 150 Millimeter.
  11. Die Tretlagerabsenkung (BB-Drop) bezeichnet die Position des Tretlagergehäuses in Relation zu den Achsen der Laufräder.
  12. Die Höhe des Tretlagers beeinflusst den Schwerpunkt und damit das Fahrverhalten eines Bikes.
  13. Große Tretlagerabsenkung = niedriger Schwerpunkt und besseres Kurvenhandling.
  14. Hohes Tretlager = mehr Bodenfreiheit.
  15. Freigang der Pedale: Ist der BB-Drop zu groß oder die Kurbel zu lang, setzen die Pedale leicht auf.
  16. Bei Fullys muss auch der Sag – das Einfedern unter dem Fahrergewicht – berücksichtigt werden.

______________

Das war es der 5. Teil. Wenn Ihr Fragen oder Anmerkungen zum Thema habt: VPACE antworten Euch gerne im Kommentarbereich unten. Oder Ihr wendet Euch direkt an VPACE.

Und hier geht es weiter zum sechsten und letzen Teil des Kinder-Mountainbike Ratgebers. Themen sind Preise, Probefahrten und für echten Praxisbezug ein Interview mit Fahrtechniklehrer Klaus Wolf von TrailXperience.

Stay tuned & Ride Unique! ;-)

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